Einige Schlaglichter auf das soziale Klybeck
Mittwochnachmittag im Quartierzentrum KLŸCK an der Kleinhüningerstrasse 205, also sehr nahe an der Grenze zwischen zwei Quartieren. Einige Jugendliche spielen ausgelassen in einem mittelgrossen Mehrzweckraum. Wir fragen sie, in welchem den beiden Quartiere sie wohnen: «Kleinhüningen», melden sie alle zurück. Auf genauere Nachfrage geben dann aber die meisten von ihnen Adressen im Klybeck an. Sie teilen diese Wahrnehmung mit dem Statistischen Amt der Stadt Basel, denn auch dort werden diese beiden Zonen im Norden der Stadt im Quartiermonitoring gemeinsam behandelt. Was die Statistik anbelangt, sticht übrigens ein Faktor schnell ins Auge: Das Klybeck hat seit Jahren einen der höchsten Anteile an Sozialhilfeempfängerinnen und -empfängern in Basel-Stadt, Kleinhüningen ebenso.
©Rhystadt/Christian Platz, Bild: Andreas Schwald
Gut die Hälfte kann weder wählen noch abstimmen
Im Klybeck lebten Ende Juli dieses Jahres 7025 Menschen, in Kleinhüningen 2780. Zum Vergleich: Das benachbarten Matthäus-Quartier hat 15‘478 Bewohnerinnen und Bewohner – und in dieses Quartier weist ebenfalls eine der höchsten Sozialhilfequoten der Stadt auf. In den letzten Jahren lag eines dieser drei Quartiere immer auf dem ersten Platz der entsprechenden Liste, wobei es in den Jahren 2007 und 2008 die höchsten Ausschläge nach oben gab. Und natürlich leben hier im Nördlichen Kleinbasel auch die meisten Arbeitslosen, Armutsbetroffenen und Menschen mit niedrigen Einkommen der Stadt und die meisten Menschen, die aus anderen Kulturen stammen. Von 7‘202 Einwohnenden in Klybeck haben 3721 (51.7%) eine ausländische Staatsangehörigkeit; 991 Einwohnerinnen und Einwohner des Quartiers sind über 65 Jahre und 1397 unter 20 Jahre alt. Gut die Hälfte der Leute, die hier wohnen, können weder wählen noch abstimmen.
Kultureller Reichtum trifft auf Raummangel
Das sind einige der sozialen Realitäten, die grossen Einfluss auf Leben und Alltag im Quartier haben, die zudem alle Altersgruppen betreffen. Doch diesen Aspekten steht ein einzigartiger kultureller Reichtum gegenüber, multikulturell, alternativ, teilweise beruhigend verrückt und «underground», der über Jahrzehnte gewachsen ist, der es verdient hat, von der Stadt und ihren Behörden respektvoll und freundlich behandelt zu werden. Der höchste Widerstand, der einer Entfaltung dieses kulturellen Reichtums entgegensteht, ist der Raummangel – und zwar geht es um Innen- und Aussenräume. Dieser Mangel macht sich bemerkbar, wenn es um das Auffangen sozialer Missstände und deren Folgen geht. Im oben erwähnte Quartierzentrum KLŸCK zum Beispiel wird hier seit Jahren wertvolle Arbeit geleistet, die Räume dieses Hauses werden von ganz unterschiedlichen kulturellen Gruppierungen bespielt sowie von Kindern, Jugendlichen, Eltern. Es ist eine multifunktionale Raumhülle, in der mit nicht gerade grosszügigen Mitteln vieles ermöglicht wird.
Engagierter Einsatz und hektoliterweise Herzblut
Die Jugendlichen, die hier nicht so genau wissen, ob die nun im Klybeck oder in Kleinhüningen daheim sind, nutzen den mittelgrossen Mehrzweckraum, in dem wir sie angetroffen haben, als Gäste einer Gastinstitution, nämlich der JuArBasel (Jugendarbeit Basel), die im Klybeck erst letztes Jahr ein neues Jugendzentrum eröffnen konnte, das «chillout», das eingeweiht und für etwas mehr als ein Jahr an der Kleinhüningerstrasse sehr erfolgreich bespielt wurde. Danach standen die Räume nicht mehr zur Verfügung, es wird umgebaut. Nun können die Jugendlichen gerade mal noch an zwei Nachmittagen hier verkehren. Obwohl der Bedarf für einen Jugendtreff für Klybeck und Kleinhüningen längst nachgewiesen ist, obwohl sich die Stadt sowie andere Institutionen und Personen stark dafür einsetzen, konnten noch keine neuen Räume gefunden werden, in diesem dicht bewohnten städtischen Raum. Es gibt diverse Institutionen, die den sozialen und kulturellen Druck hier auffangen, die Mobile Quartierarbeit Klybeck, die Aktienmühle, das Stadtteilsekretariat Kleinbasel, mit bescheidenen Mitteln, engagiertem Einsatz und hektoliterweise Herzblut. Doch mehr Mittel, mehr Räume und mehr politische Unterstützung wären halt schon ein Segen.