Zukunft Klybeck, Teil 1: ein grüner Plan
Das Klybeck-Areal ist in seiner heutigen Form eine weitgehend versiegelte Fläche – aus historischen Gründen. Nach gut 100 Jahren industrieller Nutzung soll aus dem Wirtschaftsareal ein grünes, durchmischtes und klimafreundliches Wohn- und Arbeitsgebiet entstehen. Das bringt gerade aus Umweltsicht Herausforderungen mit sich.
Als die Gründerväter der Basler Chemie und damit der heutigen Pharma-Industrie das Klybeck-Areal anfangs des 20. Jahrhunderts bezogen, um ihrem durchaus geruchs- und emissionsintensiven Geschäft besser nachgehen zu können, stand vor allem die eigene Produktion im Vordergrund. Der Rhein war ein praktischer Transportweg, führte das Abwasser ab und ans Schwimmen im Fluss wollte aus damals wohl gut nachvollziehbaren Gründen keiner denken. Hier wurden auf industriellem Niveau chemische Produkte hergestellt. Und zwar nicht zu knapp: Die Farbe Fuchsia war ein früher Exportschlager in alle Welt, es folgten Expansionen, Firmenkonsolidierungen und Sortimentserweiterungen um diverse Medikamente, Dünger sowie weitere Farben. Und damit wuchs das Areal zwischen Rhein und Wiese in einem gewaltigen Aufschwung bereits in den 1950er-Jahren um zahlreiche Fabrikgebäude, Direktionssitze, Verpflegungsstätten und Strassen.
Heute sehen wir das Resultat dieser umfangreichen, für Basel so umwälzenden wie erfolgreichen Industrialisierung im Norden auf beeindruckenden 30 Hektaren Fläche. Und wir fragen uns: Wie wird aus dieser Industriefläche ein Wohn- und Arbeitsgebiet, das den modernen Ansprüchen einer urbanen Landschaft gerecht wird, also nachhaltig ist und Einklang mit der Umwelt wächst? Erste deutliche Antworten formuliert das Städtebauliche Leitbild, das von den drei Planungspartnern Rhystadt, Swiss Life und dem Kanton Basel-Stadt entwickelt wurde. Zudem formuliert Rhystadt beziehungsweise deren Holdinggesellschaft «Central Real Estate Holding» die Absicht in einem klaren Mission Statement zur Nachhaltigkeit.
Warum 2100 Bäume so wichtig sind
Aber der Reihe nach. Die Herausforderung liegt also darin, ein weitgehend versiegeltes Gebiet, das durch die lange industrielle Nutzung auch belastet ist, zu entlasten und Flächen nachhaltig und umsichtig zu entsiegeln. Will heissen: Weniger Teer und Asphalt, mehr Flora und Fauna. Und das heisst auch: Mehr Bäume. Insgesamt soll es am Schluss sogar siebenmal mehr Bäume als heute geben, also 2100 Bäume, die über das gesamte Areal verteilt sind. Das sind gegen 10 Prozent des heutigen Baumbestandes in der Stadt, welche das Stadtklima verbessern und Identität schaffen. Dies geschieht nicht von heute auf morgen. Deshalb «werden vorhandene Bäume in die Neuplanung integriert», heisst es im Städtebaulichen Leitbild: «Oder es wird (auf dem Areal) Ersatz geleistet»
Ebenso wesentlich ist auch die Verbindung der zwei grossen Basler Biotope Rhein und Wiese. Und zwar nicht nur die Verbindung für die Menschen, die vom Ufer des einen Flusses zum Ufer des nächsten werden spazieren können, sondern auch für Flora und Fauna. Aktuell noch durch Zäune, Mauern, Verkehrswege und das Fehlen so genannter Trittsteinbiotope behindert, sollen sich Tiere und Pflanzen besser zwischen den zwei grossen Feuchträumen bewegen können. Somit wird auch die Biodiversität gefördert. Und das Mikroklima profitiert: Weniger Versiegelung bedeutet mehr Grün, mehr Grün bedeutet eine bessere Qualität der Böden und bessere Böden bedeuten mehr Speicherkapazität für Feuchtigkeit. Das Städtebauliche Leitbild dazu: «Modellrechnungen zeigen, dass sich die vorgesehenen Park- und sonstigen Freilächen sowie die Vernetzung der Grünräume stellenweise positiv auf die nächtliche Kaltluftbildung auswirken.» Und am Tag werde die Aufenthaltsqualität, u.a. durch schattenspendende Bäume deutlich verbessert. Kurzum, die Hitzeentwicklung im Sommer wird kleiner.
Natürlich muss zuerst aber auch saniert werden. Hundert Jahre chemischer Produktion auf dem Areal haben unweigerlich ihre Spuren hinterlassen, zumal sich auch die Sicherheits- und Umweltvorschriften über diese Zeitspanne hinweg zu den heutigen strengen Regelungen entwickelt haben. Diese strengen Vorgaben kommen auch bei der Realisierung von Neubauten sowie Anpassung an Bestandesbauten zum Tragen, wenn die Versiegelung temporär oder dauerhaft entfernt wird. Und die Eigentümerinnen Rhystadt und Swiss Life haben es auch bei der Präsentation des Städtebaulichen Leitbilds am 20. September 2022 einmal mehr deutlich gemacht: «Wir sorgen dafür, dass man hier wie an anderen Orten ohne Sorgen gesund leben kann».
Ein intelligentes Energiekonzept ohne fossile Brennstoffe
Schliesslich ist auch die Energienutzung ein grosses Thema. Es wird einer klimagerechten Stadtentwicklung Rechnung getragen, was heisst, dass keine fossilen Brennstoffe für die Energieproduktion verwendet werden und lokal vorhandene Ressourcen optimal genutzt werden. Zudem sollen neuste Technologien miteinander genutzt und intelligent gekoppelt werden. Ein thermischer Energieverbund kann lokal vorhandene Energiequellen zusammenführen und eine maximale Abwärmenutzung dieser Quellen sicherstellen. Ein elektrisches Quartiernetz soll eine optimierte Stromproduktion ermöglichen und natürlich zum Beispiel eine intelligente Ladeinfrastruktur für Elektromobilität sicherstellen. Mittels saisonaler Speicher sollen Energieflüsse vom Sommer in den Winter und umgekehrt verlagert werden können. Und nicht zuletzt sorgt eine leistungsstarke Kommunikationsinfrastruktur in Form eines Glasfasernetzes für die Grundlagen einer echten «Smart City». Das neue Quartier soll – so das Städtebauliche Leitbild – einen «maximalen Beitrag zum Klimaschutz» leisten.
Ebenfalls bemerkenswert ist die Anwendung der Zirkulärwirtschaft. Baustoffe sollen rezykliert werden. Dazu hat Rhystadt bereits im Rahmen der Event-Reihe «Salon Basel Next» eine Veranstaltung durchgeführt. Neubauten sollen nach Möglichkeit und zu einem möglichst hohen Anteil aus rezyklierten Baustoffen oder aus gebrauchten Bauteilen entstehen. Zudem ist es selbstverständlich, dass, sofern möglich, natürliche und CO2-absorbierende Materialien wie Holz eingesetzt werden.
Ein guter Plan für das Klima
Wer also dereinst von der Wiese zum Rhein geht, am Klybeckplatz, wo vielleicht gerade ein Konzert stattfindet, durch die Esplanade mit ihren Bäumen als grüner Schirm, schlendert auch durch eine «Schwammstadt»: Durch die Entsiegelung der Flächen, eine intensivierte Begrünung und gesunde Böden ist nämlich vorgesehen, dass Wasser nicht einfach nur in der Kanalisation landet. Das Prinzip einer Schwammstadt ist es, dass viel Wasser im Freiraum der Oberfläche gehalten werden kann oder im Boden verbleibt. Denn Wasser an der Oberfläche verdunstet in kurzer Zeit und entzieht der Luft ebenfalls Wärme – eine wertvolle Eigenschaft, insbesondere in Anbetracht zunehmend heisser werdender Sommer.
Für Rhystadt ist klar: Investitionen sind nicht rein finanzielle Transaktionen, sondern auch eine Verpflichtung, ökologische, soziale und wirtschaftliche Potenziale in der gesamten Wertschöpfungskette und über den Lebenszyklus der Anlagen und Immobilien systematisch zu analysieren und zu optimieren. Dieser Ansatz ist umso entscheidender, wenn es um eine moderne, nachhaltige Entwicklung eines Quartiers geht, das fest in den Stadtraum eingebettet ist. Denn bei der Entwicklung des Klybecks handelt es sich um ein Generationenprojekt, eine grossartige Aufgabe über mehrere Jahrzehnte hinweg. Der Plan, wie er im Städtebaulichen Leitbild entworfen wird, ist gut. Nun müssen wir dazu Sorge tragen.