Zukunft Klybeck, Teil 2: Ein vielfältiges, durchmischtes Quartier – mit Wohnungen für jedes Budget
Ein Gespenst geistert durch Basel, und es ist das Gespenst der Verdrängung auf dem Wohnungsmarkt. Auf dem Klybeck-Areal werden alle bis auf dieses Gespenst einen Platz finden: Hier entsteht ein durchmischtes, vielfältiges Quartier mit Wohnungen für jedes Budget. Dafür sorgt auch das Drittel an preisgünstigem Wohnraum, 75 Prozent davon gemeinnützig.
Wohnraum ist ein wertvolles Gut. Schliesslich geht es um nichts weniger als um das Dach über dem eigenen Kopf. Besonders auf der verhältnismässig geringen Fläche des Kantons Basel-Stadt mit seinen 47 Quadratkilometern ist die Wohnungspolitik ein enorm wichtiges Thema auf der politischen Tagesordnung geworden. Damit steht Basel-Stadt nicht alleine da: In Zürich, Genf und Bern ist die Diskussion um Wohnraum auf kantonspolitischer Ebene, aber auch auf der kommunalen Ebene der Städte ein intensiv diskutiertes Thema.
An all diesen Orten ist die Debatte einerseits gefärbt von lokalen Gegebenheiten, andererseits aber auch vom allgemeinen Zeitgeist, der dem Wohnen mit seinen ganz unterschiedlichen Formen eine besondere Bedeutung zumisst. Themen sind etwa erschwingliche Wohnungen für alle, aber auch die Aufwertungen von Stadtlandschaften, die soziale Durchmischung und die Vielfalt von Lebenswelten und Ansprüchen im dicht besiedelten urbanen Raum.
Die Klybeck-Entwicklung allein wird die wohnpolitischen Herausforderungen des Kantons Basel-Stadt nicht alle auf einen Schlag lösen können. Die Planungspartner Rhystadt, Swiss Life und der Kanton Basel-Stadt gehen aber beispielhaft voran und setzen mit ihren Lösungsansätzen Standards, die für die Entwicklung in Städten zukunftstauglich sind. Im Städtebaulichen Leitbild der drei Planungspartner sind dazu erste Eckpunkte gesetzt. Die Planer zeigen auf, wie ein vielfältiges, durchmischtes Quartier entstehen kann – mit Wohnungen für jedes Budget.
Ein Drittel der Wohnungen wird preisgünstig
Es handelt sich dabei nicht um politische Lippenbekenntnisse, sondern um konkrete Pläne. Auf dem gesamten, rund 30 Hektaren grossen Entwicklungsareal entsteht ein breites Wohnangebot. Gesetzt ist, dass ein Drittel der Wohnungen im preisgünstigen Segment angesiedelt sein werden. Sie sollen für Familien und Personen mit geringem Einkommen erschwinglich und attraktiv sein – damit Existenzgrundlagen gesichert werden, Karrieren entstehen und ein guter Lebensstandard gehalten werden kann.
Rhystadt und Swiss Life gehen als Eigentümerinnen noch weiter. Vom Drittel preisgünstiger Wohnungen sollen 75 Prozent gemeinnützig sein. Warum das wichtig ist, erklärt das Bundesamt für Wohnungsbau auf seiner Website: «Der gemeinnützige Wohnungsbau spielt eine wichtige Rolle für die Wohnungsversorgung der Bevölkerungsgruppen, die auf dem Markt aus wirtschaftlichen oder sozialen Gründen benachteiligt sind.»
Das Städtebauliche Leitbild legt fest, dass im grossen Stil gemeinnützige «Bauträger», wie der Fachbegriff heisst, zum Zug kommen. Dies können Wohnbaugenossenschaften sein, wie sie Basel bereits in grosser Zahl kennt und schätzt. Es können aber auch Stiftungen oder Vereine sein. Diese Bauträger orientieren sich am Prinzip der Kostenmiete und sind nicht «gewinnstrebig».
Mit einem markt- und bedürfnisorientierten Angebot kann eine echte Durchmischung stattfinden, die Vielfalt nicht nur in der Bebauung, sondern auch in den Wohn- und Lebensformen bringt. Die Balance potenzieller, unterschiedlicher Bauträger und Eigentumsformen ist das Resultat intensiver Abwägungen und gesellschaftlicher Weitsicht. Umso wichtiger ist es, dass dazu in der weiteren Entwicklung Sorge getragen wird, im Interesse der kommenden Generationen.
Freiräume fördern den sozialen Zusammenhalt
Insgesamt wird es im künftigen Stadtteil Wohnungen für 8500 Menschen geben und Arbeitsplätze für 7500 Personen. Wohnen, Arbeit, Bildung, Kultur und Sport werden eng beieinander sein. So entstehen grosszügige Sport- und Freizeitflächen. Für jeden Ort ist aufgrund seiner Lage, der Grösse und der potenziellen Nutzung der geeignete Freiraumtyp vorgesehen: Park, Promenade, Garten, Platz, Sportgebiet. Das Zusammenspiel dieser Freiraumtypen schafft ein breites Angebot für Erholung und Sport. Gekoppelt an das Prinzip eines in vielen Teilen autoarmen Quartiers steht dabei die Aufenthaltsqualität für die gesamte Bevölkerung im Vordergrund. Basierend auf den Anregungen aus der Mitwirkung der Bevölkerung sollen zudem (halb-) öffentlich nutzbare Dachterrassen und -gärten geschaffen.
Zwei Ankerpunkte der sozialen Freiraumgestaltung bilden die grossen Bewegungsräume der Esplanade beim Rhein und der Klybeckmatte. Diese bieten zum einen Raum für individuelle Aktivitäten wie Velo- und Trottinettfahren, Boule-Spiele, Ballspiele, Yoga, Crossfit oder Schach und zum andern Platz für grössere soziale Tätigkeiten wie Märkte, Zirkus, Beachvolleyball oder Leichtathletik. Daneben sollen auch Angebote wie Pumptracks für Biker, Skateranlagen und weitere Freizeitsport-Tätigkeiten entstehen.
Das ist schon mal eine grosse Tour d’Horizon, aber schliesslich handelt es sich um 30 Hektaren, die im Rahmen der Klybeck-Entwicklung neu- und umgebaut werden. Zudem befinden sich diese nicht auf der sprichwörtlichen «grünen Wiese», sondern auf einem ehemaligen Industrieareal mitten in einem bereits dicht besiedelten Quartier von Basel Nord. Entsprechend wichtig ist die Einbettung in die Nachbarschaft. Deshalb ist die Durchlässigkeit für die Öffentlichkeit auch so wichtig. Das zukünftige Klybeck wird ganz im Gegensatz zu heute keine isolierte Landschaft in diesem urbanen Lebensraum mehr sein, sondern ein vitaler Teil eines grossen, vielfältigen Quartiers zwischen Rhein und Wiese.
Aufwertung ja – aber eine, von der alle etwas haben
Und dann ist da noch das Gespenst, das Thema Gentrifizierung. Der Begriff steht in engem Zusammenhang mit Aufwertung. Mit baulicher Aufwertung, wenn Gebäude und Wohnungen saniert, erneuert oder neu gebaut und das Wohnumfeld und die Infrastruktur verbessert werden. Mit sozialer Aufwertung, wenn Menschen, die unter Umständen besser gebildet sind und mehr verdienen, ins Quartier ziehen. Und mit funktionaler Aufwertung, wenn zum Beispiel neue kulturelle Einrichtungen oder hochwertige Läden und Restaurants aufmachen. Plötzlich wird dann aus dem «Problemquartier» ein «Trendquartier» – das wäre dann zusätzlich noch die «symbolische Aufwertung».
Die Transformation des Klybeck-Areals führt zu einer Aufwertung des Basler Nordens – schon nur durch die massive Vergrösserung der Frei- und Grünflächen mit neu über 2000 Bäumen, was fast 10 Prozent des heutigen Baumbestandes in der Stadt entspricht. Aber auch durch mehr und bessere Tramverbindungen oder Freizeitangebote. Dies liegt stark im Interesse der Menschen, die heute schon hier wohnen. Das zeigen die vielen positiven Reaktionen auf das Städtebauliche Leitbild, gerade aus dem Quartier. Niemand hat etwas gegen mehr Parks, gute Einkaufsmöglichkeiten und mehr Schatten.
Mehr Wahlmöglichkeiten, auch für die, die schon da sind
Das Bild derer, die Gentrifizierung als Kampfbegriff nutzen, ist eine Entwicklung wie bei einer «Invasion» – einer Invasion von Pionieren und Pionierinnen, die ein Quartier in Beschlag nehmen. Zuerst Studierende, die von billigen Mieten profitieren und dann Wohlhabendere, die Wohnraum erneuern (lassen) und das Umfeld nach ihrem Geschmack prägen. Die Abteilung Stadtentwicklung des Kantons Basel-Stadt weist aber darauf hin, dass dieses Muster Veränderungen nicht wirklich erklären kann und deshalb umstritten ist. Massgebend seien wirtschaftliche und politische Entscheide, welche auch im Interesse des Kantons und der ganzen Bevölkerung Aufwertung in Gang bringen und Gentrifizierungstendenzen auslösen, aber auch abmildern könnten.
Der Kanton verweist dabei vor allem auf die staatlichen Massnahmen, welche einer Verdrängung entgegenwirken. Bei den Eigentümerinnen des Klybeck-Areals, Rhystadt und Swiss Life, besteht die Einsicht schon lange, weil sie von Anfang an auf Vielfalt setzen. Und die Eigentümerinnen tragen dazu bei, dass das neue Klybeck lebenswerter und attraktiver wird, ohne dass die Aufwertung zu massiver Verdrängung führt: mit mehreren Tausend neuer Wohnungen in allen Preisklassen nehmen Angebot und Wahlmöglichkeiten zu – auch für diejenigen, die schon hier sind und hierbleiben wollen. Somit werden letztendlich auch die bestehenden Anrainerquartiere entlastet.